Oberbürgermeister sucht Gespräch mit Umweltverbänden
Für 10.06.2015 lud Dieter Reiter (SPD), Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München (LHM), zu einem Gespräch mit den Umweltverbänden, und alle kamen.
Rd. 20 Organisationen, je ein(e) Vertreter_In. Als politischer Beobachter fragt man sich, warum; denn zuständig für „Umwelt“ ist der 2. Bürgermeister Joseph Schmid (CSU) - oder gerade deswegen? Im Einladungsschreiben hieß es jedenfalls, „die Erhaltung der Natur sowie der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt gehören zu den großen Aufgaben unserer Zeit“. Wohl wahr.
Angemeldet waren dreizehn Themen, zusammengefasst: Frühzeitigere Beteiligung der Umweltverbände bei Eingriffen in Natur und Landschaft, Flächenkonkurrenz in der expandierenden Großstadt München, Mobilität/Radwege, Stärkung der Bildung für nachhaltige Entwicklung, Anpassungsstrategien an den Klimwandel in München, Aktionsprogramm der LHM zu Energiesuffizienz/-effizienz, Nachhaltigkeitsstrategie für München.
Dass im Rahmen des modal-split auch das Radverkehrnetz insbesondere mit störungsfreien „Magistralen“/Querverbindungen ausgebaut werden solle, stimmte OB Reiter deutlich zu. Er berichtete aber von den vielen Einzelhindernissen in Bevölkerung, Wirtschaft, Verwaltung und politischen Parteien, immer dann, wenn es konkret werden soll. Beispiel Westtangente.
Zum Thema Flächenkonkurrenz – Ausbau Freiflächen- und Naherholungsgebieten, Ausbau Kleingärten und urban-gardening-Flächen, Naturschutz im Oberen Isartel, Erhalt der biologischen Vielfalt durch Flächenausweisungen und Ökolandbau, Stadtbegrünung auch vertikal etc. – zeigte sich der OB sehr besorgt: Angesichts der boomenden Entwicklung einer von heute 1,5-Mio.-Stadt zu 1,8/1,9- Millionen Einwohnern bis 2040 wird die Flächenkonkurrenz für alle Nutzungsarten dramatisch befeuert werden. Natürlich hätten Wohnungsbau und parallel die Errichtung der erforderlichen Infrastruktur (Mobilität, ÖPNV, Kitas und Schulen etc.) eine gewisse Priorität gegenüber „Grün“. Sein Ziel sei aber, die Summe an grünen Flächen in München nicht absinken zu lassen, Erweiterung des „Grün“ sieht er nicht.
Die Bildung zu Nachhaltigkeit wurde in vielfältigen Aspekten diskutiert, insbesonder für Kinder und Jugendliche. Der OB stimmte dem Vorschlag der Schaffung einer städtischen Koordinierungsstelle (wohl beim Umweltreferat) grundsätzlich zu.
Wir, Die Umwelt-Akademie e.V., konnten zwei Themen deutlich platzieren: Nachhaltigkeitsstrategie und Städtischer Bürger-Energie-Dialog:
• Zwar ist der „Nachhaltigkeitsbericht 2014“ der Stadt einstimmig beschlossen (und Pflichtlektüre für jeden Umweltbewegten – deshalb unsere Veranstaltung am 25.06.15, 19:00h, im Rathaus); doch er ist kaum bekannt. Z.B.: Öko-Fußabdruck: Zustand kritisch, Tendenz kritisch; Flächenverbrauch: Zustand kritisch, Tendenz kritisch; Energieeffizienz: Zustand kritisch, Tendenz kritisch…
Und jetzt? Wir haben nachdrücklich dargelegt, dass die Stadtpolitik – in Anlehnung an das Intergrierte Handlungskonzept Klimaschutz München (IHKM) – nunmehr auch handeln und eine Nachhaltigkeitsstrategie planen, bestimmen und umsetzen sollte. Jetzt steht’s wenigstens im Protokoll; wir werden weiter drängen.
• Energiesparen, Effizienz, Werbemaßnahmen, Kinderbildung in Sachen Energie, Wärme, Stromverteilung, neue Tarife (die Energiesparer begünstigen), die Stadtwerke vom Energieverkäufer zum Energie-Dienstleister, Mobilitätsänderung wegen Klimaanpassung, weg von Steinkohle …. Alles Themen, die in der Stadtöffentlichkeit (ausser bei der Umwelt-Akademie und wenigen anderen) nicht diskutiert werden, weil die Stadtwerke München (SWM) – so die Auffassung von OB Reiter – daran kein Interesse haben (und die Stadtpolitik angesichts jährlicher Gewinnabführung von 110 Mio. Euro für den städtischen Haushalt auch nicht). Deshalb ist ein kontinuierlicher „Bürger-Energie-Dialog“ angemahnt, verantwortet durch die Stadt, nicht durch SWM.
Was lernen wir daraus: Mühselg ernährt sich das Eichhörnchen, aber einbringen lohnt sich!
Dr. Helmut Paschlau
Im Anschluss an das Gespräch hat Dr. Paschlau die Ergebnisse und nächsten notwendigen Handlungsschritte in einem Brief an den Oberbürgermeister zusammengefasst: Lesen Sie hier