Energiewende: Warum sind Speicher nötig?
Donnerstag, 24. Januar 2013, 19:00 Uhr, GLS-Bank, Herzog-Heinrich-Str. 18
Referenten:
- Stephan Rieke, Vertriebsleiter, SolarFuel GmbH
„ Gas-Speicherung aus Wind und Sonne“
Drei technische Grundvoraussetzungen müssen für die Energiewende erfüllt werden: Anlagen Erneuerbarer Energien, Strom-Übertragungsnetze und Energie-Speicher. Die ersten beiden Themen haben wir 2012 bearbeitet, jetzt das technische Thema „Speicher“. 68 TeilnehmerInnen fanden das interessant. So der Einstieg von Dr. Helmut Paschlau für Die Umwelt-Akademie e.V..
Zunächst ist zu klären, warum Speicher erforderlich sind – etwa um die zunehmende Differenz zwischen Stromangebot (bei heftigem Wind und kräftiger Sonne) und der aktuellen Stromnachfrage industrieller und privater Verbraucher zu schließen: Bei „zu viel“ Strom wird – heute – die EE-Anlage abgeschaltet, die Windkraftanlage aus dem Wind gedreht! Oder eben künftig: Bei „zu viel“ wird gespeichert, bei „zu wenig“ wird „gespeicherter“ Strom wieder abgegeben.
Dann geht es um die Frage, welche Arten von Speicher es gibt, und was sie leisten – heute und morgen. Es geht um kräftigen Zubau; aber Pumpspeicherkraftwerke (wie etwa das in Atdorf/Schwarzwald geplante) bedeuten gigantische Eingriffe in die Natur.
Ist das erforderlich, ist es verhältnismäßig? Gibt es intelligente, weniger eingriffige Lösungen? Kann man „Überschuss-Strom“ aus Sonne und Wind in andere Aggregationszustände transformieren und „anderswo“ speichern? Eine solche Lösung: Methanisierung des EE-Stroms und Speicherung im Erdgas-Netz Deutschlands.
Stephan Rieke, Vertriebsleiter der Firma SolarFuel GmbH in Stuttgart, hat die Fragen in Vortrag und Diskussion beantwortet.
Präsentation Stephan Rieke: Klicken Sie hier
Rieke‘s Folie 2 heißt „Volatilität von EE determinieren massiv die Einsatzanforderungen an Kraftwerkspark, Speicher: Systemaufgabe: Große Energiemengen über lange Zeit“. Gemeint ist: Stromangebot und -nachfrage müssen jederzeit übereinstimmen; dies durch Kraftwerkskapazitäten auszugleichen, ist Aufgabe der Netzbetreiber. Doch das ist schwierig, weil z.B.
- Prognose und Realität von Windkraft auseinanderfallen; kurzfristig sind Kraftwerksleistungen an- und ab zu fahren
- auch über Wochen z.B. Windstille herrschen kann, die von anderen Energiearten ausgeglichen werden müssen
- Windkraft ganz plötzlich hoch gehen kann – die anderen Energiequellen aber eher träge sind
- Erneuerbare Energien zeitweise den Strom-Bedarf erheblich übersteigen können (viel Wind, viel Sonne).
Auch wenn bis 2022 die bislang geplanten Übertragungsnetze realisiert sein sollten, ist ein Strom-Ausgleich Erneuerbarer Energien von Nord und Ost nach Süd in Deutschland (noch) nicht möglich. Für die genannten Lastfälle sind Energiespeicher erforderlich.
Doch die in ganz Deutschland vorhandene Strom-Speicherkapazität insbesondere von Pumpspeicherkraftwerken, hat eine Reichweite von etwa 0,6 Stunden (!). Würde man – viel gepriesen – E-Autos als Stromspeicher verwenden, würde die Leistung von 40 Mio. (!) E-Autos sechs Stunden Ausgleich liefern – vorausgesetzt, sie fahren gerade nicht und sind vorher aufgeladen worden.
Vollversorgung mit Ökostrom setzt also Speicherkapazität und lange Speicherdauer voraus. Folie 6 zeigt deutlich das Verhältnis von Speicherkapazität in GWh und Speicherdauer; aufsteigend: Schwungrad, Batterien, Druckluftspeicher, Pumpspeicher, Wasserstoffspeicher, Energie-Methanisierung. Künftig wird es einen breiten Mix an Speicherarten geben müssen.
Bislang noch kaum genutzt: Das Erdgastransportnetz und die existierenden Gasspeicher. Weit dichter als Überlandstromnetze – weil aber unterirdisch, kaum sichtbar. Und: Die Energiedichte des Gastransportes ist einer Drehstrom-Freileitung oder -Erdkabel weit überlegen.
Kernaufgabe: Wie kann man Überschussstrom aus EE in Gas umwandeln, es im Gas-System speichern und das Gas zu einem anderen Zeitpunkt wieder in Energie umwandeln? Antwort: Durch Elektrolyse und Methanisierung, d.h. durch Neu-Kombination seit 100 Jahren bekannter Techniken: Durch Elektrolyse wird Wasser in Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 getrennt; der Sauerstoff O2 ist wertvoller Rohstoff; mittels CO2 wird der Wasserstoff H2 zu Methan CH4 katalysiert – ein Gas vergleichbar mit Erdgas, unmittelbar in das Erdgasnetz einspeisbar.
Und dieses Öko-Gas verdrängt fossiles Gas (z.B. aus Norwegen oder Russland) und ist beliebig breit einsetzbar: In der unmittelbaren Verstromung in Gas- und Dampfturbinen, in der Mobilität (Erdgas-Fahrzeuge, Schifffahrt, Umwandlung in Öko-Fuel für den Luftverkehr), der Wärmeerzeugung (Blockheizkraftwerke), in der chemischen Industrie usw.
Zukunftsmusik? Nein, markttauglich: Bewusst in kleinen Einheiten (250 kW) – Containergröße – bietet SolarFuel Elektrolyse-/Methanisierungsanlagen an für Dorfgemeinschaften, Stadtwerken, Kläranlagen, Biogasanlagen, in der Nähe von Zement- und Stahlwerken – weil dort das erforderliche CO2 im Überschuss vorhanden ist. Und SolarFuel baut derzeit eine 6,3 MW-Anlage für Audi, die weltweit größte ihrer Art.
„Power-to-gas trifft mit flankierenden Politikmaßnahmen bis 2015 den Marktpreis von Biomethan und wird eine Lösung für Teile der Speicheraufgabe sein“ (Folie 31) – davon ist SolarFuel überzeugt.
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In eigener Sache:
Zu unserem Verständnis von Transparenz gehört, dass wir die Ergebnisse der Befragungen, ob Lob oder Tadel, ungekürzt auf unserer Website veröffentlichen werden.
Eine erste Teilnehmer-Befragung haben wir am 24. Januar.2013 in der Veranstaltung „Warum sind Speicher nötig? Gas-Speicherung von Wind und Sonne?“ im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Mutbürger für Energiewende!“ durchgeführt. Von den 66 TeilnehmerInnen haben 41 den zweiseitigen Fragebogen ausgefüllt.
Aus den Ergebnissen des allgemeinen Befragungsteils lässt sich erkennen: >50% sind per e-mail auf die Veranstaltung aufmerksam geworden und privat im Umweltbereich aktiv; 2/3 sind an allen unseren Themen interessiert und besuchen unsere Veranstaltungen regelmäßig oder gelegentlich; sehr wichtig sind ihnen dabei neue und auch aktuelle Informationen. Networking und Geselligkeit sind eher unwichtig. Zum Veranstaltungs-spezifischen Teil sagen die TeilnehmerInnen: Der Vortrag war sehr gut, Moderation und Diskussion gut; 80% meinen, ihre Erwartungen seien erfüllt; Konzeption und Themenauswahl der Reihe „Mutbürger für Energiewende!“ werden überwiegend als sehr gut, die Referentenauswahl als gut bewertet; und je knapp 1/3 der TeilnehmerInnen geben an, dass unsere Veranstaltungen bewirken, dass sie umweltbewusster handeln + energiesparender leben, Umweltthemen öfter thematisieren bzw. sich in ihrem Verhalten bestätigt fühlen. Dazu gibt es eine Vielzahl von freien Nennungen.
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