Schulterschluss für die Erneuerbaren – Können Gewerkschaften und Naturschutzverbände die Energiewende retten?
Montag, 6. Oktober 2014
19:00 Uhr
Vortragssaal der GLS-Bank, Bruderstr. 5 a (Eingang Unsöldstr), 80538 München (U-Bahn Marienplatz)
Referenten:
- Jürgen Wechsler, Industriegewerkschaft Metall (IGM), Bezirksleiter Bayern
- Prof. Dr. Hubert Weiger, BUND - Bund für Umwelt und Naturschutz e.V., Erster Vorsitzender; Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung
„Bayern ist Gewinner der Energiewende, das Revier der Verlierer. Deshalb sage ich: Bayern steht nicht auf der Bremse, Bayern steht auf dem Gas. Wir sind erfolgreich und werden auf diesem Weg weitergehen!“. Richtig, Ministerpräsident Horst Seehofer hat das in seiner Rede am 05.02.2014 im Bayerischen Landtag gesagt. Heute am 06.10.14 schon die Abendzeitung-Zeitung gelesen? Der Strompreis in Bayern, in Bayern (!), steige um 10% - weil die Bayer. Staatsregierung jede weitere Überlandleitung ablehnt. Das verteuere den Strompreis wegen des dann gespaltenen Strompreises in Deutschland, Nord-Wind-billig, Süd-Gas-teuer, sagen Gutachten und die AZ. „Quatsch“, antwortete Herr Seehofer am gleichen Tag, wörtliches Zitat.“
So leitete Dr. Helmut Paschlau, Vorstand der Umwelt-Akademie e.V., den zehnten Veranstaltungsabend der Reihe „Mutbürger für Energiewende!“ 2014 ein. Der Veranstaltungstitel war durchaus etwas zuspitzend gemeint: „Können Gewerkschaften und Naturschutzverbände die Energiewende retten?“
Schon vor einem Jahr, am 12.11.2013, haben IG Metall Bayern und BUND Naturschutz in Bayern in einer Presseerklärung ihren gemeinsamen Brandbrief an Ministerpräsident Seehofer und die CSU veröffentlicht: Energiewende und Atomausstieg in Bayern sind in höchster Gefahr, schrieben die Vorsitzenden. Die beiden Organisationen bilden seither eine „Allianz für die Energiewende“, u.a. für Arbeitsplätze in der Erneuerbaren-Industrie und gegen die 10H-Regel, die faktisch das AUS für die Windkraft in Bayern bedeutet. Seither trommeln beide für klare Standards beim Umbau der Industriegesellschaft und für eine wirkliche Energiewende.
Das Thema und diese Referenten an einem Tisch, das war schon prickelnd. Vorgetragen und diskutiert wurde zu zwei Teilthemen: Der erste Teil widmete sich dem Umbau unserer Industrie- und Zivilgesellschaft – weg von atomaren und fossilen Ressourcen – dem größten Generationenprojekt seit Beginn der Industrialisierung. Präzise: Den dabei anzulegenden Standards, ginge es nach den Gewerkschaften bzw. nach naturschützenden Kriterien.
Beide Referenten stimmten in der Einschätzung völlig überein, dass der Umbau der Industriegesellschaft jetzt angepackt werden muss, im Sinne einer „Großen Transformation“ (auch wenn der Begriff etwas sperrig ist). Dabei geht es nicht „nur“ um einen tatsächlichen Ausstieg aus der Stromversorgung mit Atom, sondern – viel weiter – um den Ausstieg der gesamten (westlichen, globalen) Industrie aus der Nutzung endlicher, insbesondere fossiler Ressourcen; und einer Energiewende, die mit Erneuerbarer Erzeugung, dezentralen Strukturen und Suffizienz (auch bei Mobilität und Ernährung) ihren Namen auch verdient.
Präsentation Prof. Dr. Hubert Weiger, 1.Teil: Klicken Sie hier
Präsentation Jürgen Wechsler: Klicken Sie hier
Im zweiten Teil blieb es nicht aus, den Stand der Energiewende in Bayern zu diskutieren. Wir wollten die Einschätzungen von Spitzenvertreter von Gewerkschaften und Naturschutz hören.
Die Stellungnahmen von IG Metall und Naturschutzbund waren auch hier klar und sehr eindeutig. Sage noch einer, Gewerkschaften und Naturschützer seien „eh gegen die Energiewende“, wie man es immer noch aus interessierten (politischen, unternehmensnahen) Kreisen hört. Im Detail mögen Unterschiede bestehen, z.B. im Anteil offshore-Wind (mit mehr Überlandleitungen – IG Metall) oder mehr onshore-Bayernwind (mit weniger Übertragungsleitungen – BUND).
Präsentation Prof. Dr. Hubert Weiger, 2. Teil: Klicken Sie hier
Zusammenfassende Einschätzung beider Redner: In Bayern wird die Energiewende von der Bayerischen Staatsregierung derzeit kaputtgemacht; offensichtlich sollen zentrale Energiestrukturen der großen Stromversorger auf Basis Atom (?) und Erdgas (!) erhalten werden.
Ein Ausweg ist nur über ein breites Interessenbündnis erreichbar, eines aus Mittelstand, Handwerk, Industrie – wie die Süddeutsche Zeitung am 06.10. vorschlug – kombiniert mit Gewerkschaften, BUND und übriger Zivilgesellschaft – wie abends in der Diskussion angeregt wurde. Einer „Bürgerinitiative pro Energiewende“ also. Denn mit Bürgerinitiativen kennt Seehofer sich ja aus.
Also auch: Mit Ihnen und mir
meint Dr. Helmut Paschlau