Donnerstag, 29.01.2015
19:00 Uhr
Neues Rathaus, Marienplatz 8, Ratstrinkstube (erreichbar durch Haupteingang am Fischbrunnen)

Referent: Prof. Dr. Sören Schöbel-Rutschmann, TU München, Fakultät für Architektur, FG Landschaftsarchitektur regionaler Freiräume

Die Energiewende macht „Energie“ plötzlich für jedermann sichtbar. Die wachsende Zahl von Windrädern, Solaranlagen und Überlandleitungen führt bei manchen Menschen zu Verunsicherung, Angst und Abwehrhaltung. Sind die Befürchtungen berechtigt? Sind es Menschen, die die Nachteile tragen müssen, während andere – wir alle – Vorteile haben? Oder wird das Thema – von erkennbaren Interessen – aufgeschaukelt und für populistische Wahlkampfinteressen hochgeputscht?

Bislang rauchten die Kraftwerke als zentrale Energieversorger an einzelnen Standorten, meist fernab in Industriegebieten. Ansonsten war „Energie“ bis auf ein paar Stormmasten unsichtbar und unterirdisch; abgebaut und gefördert überwiegend weit weg in Kolumbien (Kohle), in Russland (Gas), in Saudi-Arabien (Öl).
Heute bringt die Wende Energie unübersehbar bis an’s Haus, nicht mehr zentriert auf wenige Standorte; sondern dezentral, überall hin. Strom kommt nicht mehr aus der Steckdose, sondern vom Windrad um die Ecke oder vom glänzenden Dach nebenan.  Über die Effizienz und die Kosten erneuerbarer Energieträger wurde viel diskutiert – der kulturell-soziale Preis wurde bisher vielleicht zu wenig beachtet. Kritiker beklagen die unzähligen „Industriebuckel“ von Biogasanlagen im Umfeld von Bauernhöfen, gewaltige Windkraftanlagen, die unsere Natur „verspargeln“, „Monster“ an Strom-Überlandleitungen der „Lobby-Energiefritzen“ und „glitzernde“ PV-Anlagen, die die Natur im Voralpenland industrialisieren.

Die Aufzählung zeigt: Die Debatte hat verschiedenste Aspekte. Energiewirtschaft, Technik, Europa- und Regionalpolitik, Kultur und Tradition, Industrie- und Häuslebauer-Interessen, Akzeptanz, Ängste und Gefühle. Was die Betroffenen oft vergessen: Wer dezentrale Strukturen, und damit regionalwirtschaftliche Vorteile und weniger Strommasten will, kann nicht gleichzeitig gegen On-Shore-Windanlagen vor Ort sein – es sei denn, er will Atom-Strom akzeptieren oder unbehelligt sein („not-in-my-backyard“).

An dem Abend diskutierten wir mit dem Landschaftsarchitekten Prof. Dr. Sören Schöbel-Rutschmann (TU München) über Wahrnehmung, Wahrnehmensänderung (den häßlichen Münchner Fernsehturm von 1972 sieht niemand mehr als „Verspargelung“ an), gestalterische Einbindung technischer Anlagen in die natürliche und kulturelle Umgebung, Beteiligtsein an technischen Veränderungen, gesellschaftliche und individuelle Akzeptanz. Auch die anschließende Diskussion mit dem Publikum ging auf die Suche nach Aspekten, Kompromissen und Lösungsansätzen für die Frage, wie die Schönheit der bayerischen Landschaft trotz der Zwänge einer dezentraleren Energiewende bewahrt werden kann.

Vortrag Prof. Dr. Sören Schöbel-Rutschmann: Klicken Sie hier