mit einem einführenden Grußwort der neuen Referentin für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, Berufsmäßige Stadträtin Stephanie Jacobs

in Kooperation mit der Landeshauptstadt München (LHM, RGU), Münchner Forum Nachhaltigkeit (MFN), Green City e.V., Green City Energy AG, klimaretter.info, Grün&Gloria, Evangelische Stadtakademie München

Donnerstag, 17. Dezember 2015
19:00 Uhr
Evangelische Stadtakademie München, Herzog-Wilhelm-Str. 24, 80331 München (U und Tram Sendlinger Tor, S-Bahn Karlsplatz)

Refereten:

  • Benjamin von Brackel
  • Prof. Dr. Dr. h.c. Hartmut Graßl

Großer Auftrieb im Kleinen: 250 Teilnehmer_Innen, ein Grußwort der neuen Umweltreferentin der Landeshauptstadt München, zwei Referenten zu Ablauf, Inhalt und Bewertung der Klimakonferenz Paris 2015, ungezählte Fragen und Redebeiträge in der Diskussion.

Großer Auftritt im Großen: Erst der G7-Gipfel mit dem Versprechen der großen Industrienationen, die +2-Grad-Grenze Erderwärmung einhalten zu wollen; dann die Umwelt-Enzyklika des Papstes mit dem leidenschaftlichen Appell an uns Menschen, die Natur als Mitwelt zu verstehen und sie nicht länger auszubeuten; und nun die vielbeschworene Klimakonferenz in Paris: Würde sie erneut scheitern oder – endlich – einen gewissen klimapolitischen Durchbruch bringen? Rio, Kyoto, Kopenhagen - und in diesem Jahr eben Paris. Es war wahrscheinlich die letzte Chance, zu beginnen, unser Problem mit dem Klima auf diplomatischem Weg in den Griff zu bekommen.

Hoffnung macht tatsächlich das Abschlußdokument des diesjährigen G7-Gipfels in Elmau. Die Regierungschefs der sieben größten Industriestaaten betonen darin, dass tiefe Einschnitte bei den weltweiten Treibhausgasemissionen erforderlich seien, einhergehend mit einer „Dekarbonisierung der Weltwirtschaft“ im Laufe dieses Jahrhunderts. Aber wieviel Gestaltungswille steckt tatsächlich dahinter? Ist es wieder nur ein Lippenbekenntnis oder der so dringend benötigte Aufwind für den bevorstehenden Konferenz-High-Noon? Und warum soll Paris gelingen, wenn viele Vorgängerkonferenzen scheiterten? Wie verhalten sich die Länder des Südens; wieviel hunderte Milliarden Dollar ist der industrialisierte Norden zu zahlen bereit, sei es als Ablass für die bis heute währenden historischen Sünden, die Atmosphäre als CO2-Müllkippe genutzt zu haben, sei es als Kompensation von Klimaanpassungsmaßnahmen der armen Länder? Wie verhalten sich Russland oder Saudi-Arabien, die ja durch Reduzierung von Kohle und Öl quasi teil-enteignet werden, wenn 80% der fossilen Energien im Boden bleiben sollen?
Denn um die Erderwärmung geht es nur unter „ferner liefen“; es geht um Machtverteilung auf dem Globus, Verhinderung von Flüchtlingskatastrophen und sehr viel Geld.   

Wir haben uns aus erster Hand informieren lassen:

Benjamin von Brackel war bereits auf der Weltklimakonferenz in Lima dabei und wird auch aus Paris für klimaretter.info live berichten. Er kennt die Strippenzieher und weiß um die Faktoren von Erfolg und Mißerfolg bei diesem globalen Demokratietest.

Prof. Dr. Dr. h.c. Hartmut Graßl gilt international als einer der führenden Klimaforscher unserer Zeit. Er war maßgeblich an den Verhandlungen für das Kyoto-Protokoll beteiligt, leitete das Weltklimaforschungsprogramm der UN in Genf und war langjähriger Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie im Hamburg.

Noch etwas müde vom Dauerstreß der Konferenz, aber sehr anschaulich berichtete v. Brackel vom Ablauf der Konferenz, deren Dynamik, den handelnden Personen, dem Chaos, das doch zu einem guten Ende mündete: 185 Staaten haben sich zu Minderungsmaßnahmen CO2 bereit erklärt, 195 Staaten haben dem neuen Klimavertrag zugestimmt. Der ist jetzt Gesetz.

Hier geht es zum beschlossenen Klimavertrag: Klicken Sie hier

Mit Bildern und anhand freiem Text schilderte v. Brackel die Dynamik. Rußland: das Gas-Ressourcenland war sehr zurückhaltend. Saudi-Arabien: konnte seine Haltung „wir sind Entwicklungsland“ anhand eines Pro-Kopf-Einkommens größer als in Deutschland nicht mehr aufrechterhalten. China: Seit dem USA_China-Gipfel gibt sich das Land klimafreundlich; in erster Linie, weil die Menschen buchstäblich „keine Luft mehr zu atmen“ haben. Indien: Hartnäckigster Verfechter „Erst Armutsbekämpfung, dann Klimaschutz“ wurde auf dem „Beichtstuhl“ – also im 4-Augen-Gespräch mit dem Französischen Außenminister Fabius – „überzeugt“, dass nach 70 Jahren die Ausrede „Kolonialismus“ nicht mehr zählt; Armutsbekämpfung statt Korruption ist angesagt in Indien. Motor aber war der Ministerpräsident der Marschallinseln: Sein Land wird schlicht „absaufen“, schon bei einer globalen Erwärmung von +2 Grad. Er ist Teil der „Party der Gutwilligen“, mit dabei und vornedran: Barbara Hendricks, Umweltministerin Deutschlands.  

Präsentation Benjamin von Brackel: Klicken Sie hier

Der „Großmeister“ der Klimaforschung Prof. Hartmut Graßl, schlug einen weiten Bogen: Von den Anfängen der Klimaforschung 1807 (!) bis heute. „Decarbonisierung“, „100 Milliarden US$ Ausgleichfonds“ (für die historische Schuld der westlichen Industrieländer zur Klimaschutzanpassung von Schwellen- und Dritt-Welt-Armutsländer), den Details des Paris-Vertrages usw.. Graßl rieb sich besonders an der Staaten-Vereinbarung: „Maximal 2-Grad, möglichst jedoch 1,5 Grad“, ein Zugeständnis an die Südpazifik-Staaten:  Seine klare Kante: Wenn +1,5 Grad Celsius gegenüber 1900 noch erreichbar sollte, müssten mit sofortiger Wirkung alle Kohlekraftwerke auf dem Globus abgeschaltet oder ihre CO2-Emissionen unterirdisch eingelagert (CCS) werden; die bereits in die Atmosphäre emittierten CO2-Massen bewirken nach heutigem Stand eine Erderwärmung von + 1,5 Grad. Die von den Teilnehmerstaaten – ohne Überwachung, freiwillig – zugesagten CO2-Reduktionsziele erbringen eine wahrscheinliche Erderwärmung um + 2,7 Grad Celsius. Hoffnung verbleibt aus dem fünfjährige Überprüfungsmodus – und dem Druck aus der Zivilgesellschaft. Also von uns allen.   

Präsentation Prof. Hartmut Graßl: Klicken Sie hier