Erfahrungsaustausch zu Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen am 27. März 2019

Das Thema Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) ist in München gerade politisch sehr brisant, nachdem die Stadt im Sommer letzten Jahres darauf verzichtet hat, einen Einleitungsbeschluss für ein Entwicklungsgebiet im Münchner Norden zu fassen. Eine größere Maßnahme im Nordosten der Stadt ist aber noch ‚im Rennen‘. Und wir sind überzeugt, dass das Instrument Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme für die anstehenden Entwicklungen in der Stadt und in der Region jetzt und in Zukunft ein sehr wichtiges Instrument darstellt und nicht dem populistischen – und meist auch sehr eigennützigen – Bürgerzorn geopfert werden darf. Es geht um den Erhalt einer lebenswerten Stadt, die Möglichkeit, bezahlbaren Wohnraum in München zu schaffen, um eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik und dabei um die aktive Nutzung der dem Wohl der Allgemeinheit dienenden Instrumente des Baugesetzbuchs.

Diese Ziele verfolgt auch ein neu gegründetes Bündnis Pro SEM!, ein überparteilicher Zusammenschluss von über 80 Organisationen, Vereinen, zivilgesellschaftlichen Initiativen, Unternehmen und Einzelpersonen, das Kooperationspartner der Veranstaltung war.

Die Veranstaltung brachte Planer und Politiker aus Städten zusammen, die SEMs erfolgreich durchgeführt haben – wie in Frankfurt und Berlin – oder solche planen – wie in Freiburg, Konstanz und München -, um zu diskutieren, wie die Verfahren organisiert und durchgesetzt wurden und werden:

Elisabeth Merk, Münchner Stadtbaurätin
Uli Hellweg, Hellweg Urban Concept, Berlin
Dieter von Lüpke, ehem. Leiter des Stadtplanungsamtes in Frankfurt a. Main
Karl Langensteiner-Schönborn, Baubürgermeister in Konstanz
Rüdiger Engel, Leiter der Projektgruppe Dietenbach, Freiburg

Von den Referenten wurden u.a. diese Themen angesprochen:

– Wie wurden die Maßnahmen gegenüber Bürgern und Grundeigentümern kommuniziert?
– Wie konnten die Bauern gewonnen werden mit Angeboten von Ersatzflächen, Mitwirkung an der Maßnahme, Teilhabe an der Entwicklung?
– Welche übergeordneten Infrastruktureinrichtungen sind/waren Bestandteil der Maßnahme?
– Wie konnte die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme für Stadt und private Beteiligte gesichert werden?
– Haben Entwicklungsträger eine hilfreiche Rolle gespielt?

Christiane Thalgott, ehemalige Stadtbaurätin in München, moderierte die Diskussion und versuchte nach dreieinhalb Stunden Vorträgen und Diskussion eine Zusammenfassung: Bei der Diskussion um große städtebauliche Entwicklungsprojekte am Rande der Städte geht es immer um zwei Ebenen. Zuerst um die grundsätzliche, gesellschaftliche Frage an die Bürger, wollt ihr vereinsamt im Einfamilienhaus am Waldrand wohnen, ist das die angestrebte Lebensform? Oder wollt ihr in einer Gesellschaft leben, wo auch noch ein Polizist, eine Krankenschwester, eine Hebamme oder ein Kindergärtner leben können? Diese Diskussion sollte geführt werden, bevor man die städtebauliche Form, die notwendige Infrastruktur und den Charakter eines neuen Quartiers verhandelt. Diese ist schon auch wichtig, doch ohne einen stadtgesellschaftlichen Konsens bei der Grundsatzfrage wird sie immer wieder von jener überlagert sein, ohne dass dies klar benannt wird.

Die Erfahrungsberichte aus den anderen Städten haben viele gute Ideen und Strategien gezeigt, die erfolgreich waren, dabei immer zentral eine gute Öffentlichkeitsarbeit - gerne auch mit professioneller Unterstützung - und eine klare Positionierung der Stadtpolitiker über die Fraktionen hinweg für die Entwicklung mit dem Instrument der SEM.

Bei den Mitwirkenden gab es großes Interesse, den Meinungsaustausch bei Gelegenheit fortzusetzen, insbesondere unter den Städten, die noch mitten in den Verfahren stecken, wenn auch an unterschiedlichen Stationen.

Hier können Sie die Vorträge der Referent*innen als PDF downloaden: Frau Merk, Uli HellwegDieter von Lüpke, Karl Langensteiner-Schönborn, Rüdiger Engel.

Wir hoffen, Sie werden Sich weiter für das Thema der Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen in München interessieren und auch engagieren. Gelegenheit dazu bieten auch unsere beiden Kooperationspartner, die Münchner Initiative Bodenrecht und das Bündnis ProSEM.

Auf dem Podium v.l.n.r.: Friedhelm Flug, Dieter von Lüpke, Christiane Thalgott, Uli Hellweg, Rüdiger Engel, Karl Langensteiner-Schönborn, Elisabeth Merk

 

Aus der Veranstaltungsreihe "Nachhaltiges Leben im urbanen Raum" mit freundlicher Unterstützung der: